"Der Verstand kann planen, aber der Geist hat Sehnsucht, und das Herz weiß, was das Herz weiß"

Montag, 23. August 2010

Anja Jonuleit - "Herbstvergessene"

Inhalt:  Für eine Versöhnung ist es zu spät: Zehn Jahre lang hatten Maja und ihre Mutter Lilli keinen Kontakt mehr zueinander und nun ist Lilli tot. Die Polizei geht von einem Selbstmord aus, doch Maja mag dies nicht Recht glauben. Beim Sichten der Familienunterlagen findet sie Lillis Geburtsurkunde; doch der Name des Vaters ist nicht vermerkt. In einem Päckchen entdeckt Maja außerdem ein Foto von ihrer Großmutter Charlotte, zusammen mit einem kleinen Baby... doch dieses hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit Lilli.. außerdem wurde das Foto Monate vor Lillies Geburt aufgenommen. Maja stellt sich der Vergangenheit und forscht immer weiter in der Geschichte ihrer Familie und stößt auf Geheimnisse, die sie an das Gute im Menschen zweifeln lassen. Außerdem ist da noch der Arzt Roman Sartorius, der mehr zu wissen scheint, als er zugeben möchte und zugleich eine unheimliche Anziehungskraft auf Maja ausübt. Ein Manuskript ihrer Großmutter zeigt schlussendlich die Wahrheit und deckt die Lügen der Vergangenheit auf.

Meine Meinung: Das Buch ist aus zwei Perspektiven geschrieben: zum einem ist dort die Ich-Erzählerin Maja, die uns an ihrem täglichen Leben und bei der Aufdeckung der Geheimnisse um ihre Familiengeschichte teilhaben lässt, zum anderen haben wir das Manuskript der Großmutter Charlotte, welches eine Autobiographie ihres Lebens während des Krieges, der Flucht aus ihrem Elternhaus, der Geburt ihres Kindes und dem Leben in Hohehorst.  Majas Perspektive überzeugt durch einen sehr flüssigen Schreibstil, einer Liebe fürs Detail und einer, wie ich finde, durchaus charmanten und leicht tollpatschigen Persönlichkeit. Majas Gedanken sind durchaus nachvollziehbar und man leidet mit ihr mit nach dem Tod ihrer Mutter und den damit verbundenen Schuldgefühlen. Trotz des traurigen Themas bleibt sie jedoch sehr sachlich, eine Träne habe ich während des Lesens nicht vergossen. Jedoch wird eben durch diese Sachlickeit nochmal die Kälte der Beziehung zwischen Mutter und Tocher verdeutlicht. Meiner Meinung nach sehr gelungen. Die Biographie der Großmutter, die zwischendurch immer wieder häppchenweise einfliesst ist unheimlich spannend und packend beschrieben und ich muss zugeben, dass ich sie sogar noch lieber gelesen habe, als Majas Teil. Man wird in die Kriegszeit mit ihren Problemen und Hoffnungen entführt und es gibt einen wunderbaren Einblick in das Leben der Menschen und vor allem auch in die Problematik der ledigen Mütter und deren Hilfe. Sehr fesselnd geschrieben und inhaltlich einfach hochinteressant!
Obwohl die einzigen Sätze, welche die Mutter spricht, schon direkt am Anfang geschehen und sie danach nicht mehr lebt, steht und fällt die Handlung mit ihr. Durch Majas Nachforschungen über die Vergangenheit und das Leben ihrer Mutter, welches sie aktiv nie mitbekommen hat, da sie nie ein Teil davon war, ist die Mutter genauso present wie die Großmutter und Maja. Die Charaktere sind wirklich gut beschrieben und man spürt auch eine Entwicklung. So ist man zum Beispiel enttäuscht, als man erfährt, dass die Großmutter wohl doch eine überzeugte SS-Anhängerin war und leidet mit Maja mit, wenn sie erfährt, dass ihre Mutter sie wieder einmal verleugnet hat.

Fazit: Die Handlung fesselt einen von der ersten bis zur letzten Seite und man mag das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe es förmlich verschlungen und kann es nur jedem weiterempfehlen. Die Thematik des zweiten Weltkrieges wurde aufgegriffen und sehr gut umgesetzt, so dass man auch mal andere Eindrücke von dieser Zeit bekommt, bzw aus einer anderen Perspektive. Ein rundum gelungenes Buch!

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